©Okeanos Smart Data Solutions
Dr. Benjamin Mewes
Interview mit Dr. Benjamin Mewes von Okeanos
Okeanos digitalisiert die Wasser- und Umweltwirtschaft. Das Bochumer Start-up entwickelt daten- und KI-gestützte Lösungen, um Naturgefahren frühzeitig zu erkennen, Wasserressourcen effizient zu managen und Infrastrukturen resilienter zu machen. Mit intelligenten Sensor- und Analysesystemen bringt Okeanos Transparenz in komplexe Umweltprozesse – von Hochwasserschutz über Bodenfeuchte-Monitoring bis zur Abwasseroptimierung.
Idee und Motivation
Was hat euch inspiriert, eine KI-gestützte Lösung zur Früherkennung von Naturgefahren zu entwickeln?
Dr. Benjamin Mewes: Durch unsere Arbeit am Lehrstuhl für Ingenieurhydrologie unter Herrn Prof. Dr. Schumann waren mein Kollege, Herr Dr. Oppel, und ich schon früh in unserer wissenschaftlichen Karriere im Bereich hydrologischer Extreme tätig. Spätestens durch die schrecklichen Ereignisse im Jahr 2021 an Ahr und Erft reifte unser Entschluss, kommunalen Entscheidungsträgern ein passendes Werkzeug zu liefern, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben.
Warum habt ihr euch entschieden Okeanos in NRW zu gründen? Welche Vorteile bietet euch der Standort – z. B. in Bezug auf Netzwerk, Förderung oder Märkte?
Dr. Benjamin Mewes: NRW hat dank seiner vielen exzellenten Hochschulen eine enge Verbindung zur Wasserwirtschaft. Durch den Bergbau und unsere bergbauliche Historie gibt es hier zahlreiche Regionen, die sich sehr bewusst mit dem Thema Wasser und der nachhaltigen Nutzung ihrer Ressourcen auseinandersetzen.
Technologie und Innovation
Auf welcher technologischen Grundlage basiert eure Innovation, und was unterscheidet euren Ansatz von bestehenden Lösungen?
Dr. Benjamin Mewes: Uns unterscheidet von anderen bestehenden Lösungen die Nähe zur hydrologischen Forschung. Wir sind ganz nah am Puls der Zeit und entwickeln praxisnahe Lösungen für die Wasserwirtschaft, insbesondere im kommunalen Umfeld. Hierbei entwickeln wir selbst unsere KI-Ansätze, mit denen wir gezielt einen Marktvorteil erzielen.
Mit welchen technischen Herausforderungen wart ihr bei der Entwicklung konfrontiert – und wie habt ihr sie gelöst?
Dr. Benjamin Mewes: Die größte Herausforderung für uns war die heterogene IT-Landschaft bei den wasserwirtschaftlichen Akteuren. Hier sind vielschichtige Systeme im Einsatz, denen wir durch intelligente Lastverteilungen und Datenzugriffsschichten begegnen mussten. Die Software Landschaften bei der Emschergenossenschaft sind zum Beispiel komplett unterschiedlich zu denen beim Ruhrverband. Dabei liegen beide Akteure in einer geografischen und thematischen Region.
Gründung und Aufbau
Wie verlief euer Weg von der Idee zur Gründung?
Dr. Benjamin Mewes: Dank der World-Factory der Ruhr-Universität Bochum und dem EFRE-Förderprogramm Start-up Transfer.NRW konnten wir unsere Idee sehr schnell in die Tat umsetzen und die Gründung unserer GmbH realisieren. Was zunächst als Konzept auf dem Papier begann, wurde durch konsequente und beharrliche Arbeit Schritt für Schritt zu einem echten Unternehmen.
Gab es schwierige Momente, und wie habt ihr diese gemeistert?
Dr. Benjamin Mewes: Die marktliche Veränderung im Bereich der Sensorik hat uns teilweise getroffen. Hier mussten wir den Weg der engen Kooperation mit deutschen Sensor-Herstellern aufgeben und unsere eigene Hardware-Lösungen und -Pakete finden.
Wie habt ihr eure Finanzierung aufgestellt? Gab es Unterstützung durch Förderprogramme?
Dr. Benjamin Mewes: Wir haben für die ersten 18 Monate Start-up Transfer.NRW erhalten. Seitdem partizipieren wir jedoch an Forschungsmitteln auf Landes- und Bundesebene, über EFRE NRW aber auch KMUinnovativ und mFund-Projekte. Ansonsten finanzieren wir unser Wachstum durch Bootstrapping und durch Aufträge aus unserem großen Kundennetz.
Erfolge und Zukunft
Auf welchen Erfolg seid ihr besonders stolz?
Dr. Benjamin Mewes: Besonders stolz sind wir darauf, dass wir unser Wachstum aus eigener Kraft – also ohne die finanzielle Unterstützung externer Investoren – aufrechterhalten konnten. Diese Unabhängigkeit hat uns die Freiheit gegeben, unsere Ideen und Visionen wirklich so umzusetzen, wie wir sie uns vorstellen, ohne Rücksicht auf externe Vorgaben nehmen zu müssen.
In vielen Unternehmen gibt es beispielsweise ein sogenanntes Advisory Board, also ein beratendes Gremium, das zwar strategisch unterstützt, aber häufig auch mitentscheidet, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln soll.
Ebenso ist ein Kapitalgremium oder Investment Board üblich – ein Zusammenschluss von Investorinnen und Investoren, die genau darauf achten, wie ihr Kapital eingesetzt wird, und die in der Regel bei wichtigen Entscheidungen ein Mitspracherecht haben.
Da wir auf solche Strukturen bewusst verzichtet haben, konnten wir unseren eigenen Weg gehen – unabhängig, werteorientiert und mit einem klaren Fokus auf das, was wir inhaltlich für richtig halten. So konnten wir Entscheidungen treffen, die wirklich im Einklang mit unseren Überzeugungen und langfristigen Zielen stehen – ohne Kompromisse, die durch das Einwirken äußerer Interessen entstehen könnten. Das war für uns der richtige Weg, in vielen Fällen kann externes Kapital aber auch die richtige Entscheidung für ein noch junges Start-up sein.
Wo seht ihr Okeanos in den nächsten drei bis fünf Jahren? Welche Weiterentwicklungen plant ihr für eure Lösung?
Dr. Benjamin Mewes: Wir intensivieren unseren internationalen Auftritt und erschließen uns derzeit weitere Märkte innerhalb der Wasserwirtschaft. Dabei rücken insbesondere unsere Nachbarn Polen und Frankreich in den Fokus. Mit der jüngsten Gründung eines weiteren Standorts in München werden wir uns auch in Deutschland räumlich neu aufstellen, um in größerer Nähe zu unseren Kunden in der Wasserwirtschaft arbeiten zu können.
Tipps für Gründer
Was war die wichtigste Lektion, die ihr als Gründende gelernt habt?
Dr. Benjamin Mewes: Sprechen – gerade unter Gründern und insbesondere im Kernteam. Seid offen und ehrlich!
Welche Ratschläge würdet ihr anderen Gründenden mitgeben?
Dr. Benjamin Mewes: Probiert euch am Markt aus und verschwendet nicht zu viel Zeit auf die Perfektion eurer Businesspläne – die Realität wird euch ohnehin überholen. Pläne müssen bei kleinen Firmen variabel sein, damit man auf Veränderungen am Markt schnell reagieren kann. Dabei müssen Geschäftsmodelle regelmäßig an die Realität angepasst werden.
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